Strategischer Nachhaltigkeitsprozess
Inhalt
Projektinfos
- Projektstandort
Neumarkt i.d.OPf. in Bayern
- Hintergrund
Seit 2002 verfolgt Neumarkt i. d. OPf. – angestoßen durch die "Lokale Agenda 21“ kontinuierlich einen Prozess einer Nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik mit einer strategischen Steuerung und einem konzeptionell ambitionierten Leitbild im Rahmen der Agenda 2030, der von einem breiten Konsens im Stadtrat getragen wird
- Detaillierte Beschreibung
Der seit fast zwei Jahrzehnten anhaltende Nachhaltigkeitsprozess hat viele greifbare Ergebnisse und insbesondere neue Strukturen für eine nachhaltige Stadt hervorgebracht. Dabei geht es darum, sich den Herausforderungen einer nachhaltigen Zukunftsgestaltung zu stellen und gemeinsam mit engagierten NeumarkterInnen pragmatische Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Bisher konnten viele konkrete Ergebnisse erreicht, neue Strukturen geschaffen und großartiges freiwilliges Engagement angestoßen werden:
- Das Bürgerhaus ist eine Begegnungsstätte, ein Kommunikationszentrum und ein Ort, wo sich Bürger für Bürger einsetzen sowie eine Ideen- und Projektschmiede. Das Bürgerhaus bietet konkrete Angebote für jedes Alter, Unterstützung und Vermittlung von Gesprächspartnern, Räume für engagierte Menschen, Beratung und Information sowie Möglichkeiten der aktiven Mitwirkung.
- Die „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ spielt in Neumarkt eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung einer nachhaltigen Bürgerkommune. Dabei sind Schulen, Vereine und auch Unternehmen wichtige Kooperationspartner. Zu den größeren Veranstaltungen gehört die Neumarkter Nachhaltigkeitskonferenz mit hochkarätigen Referenten.
- Seit 2009 ist Neumarkt Fairtrade Stadt.
- Für den Bereich „Bio“ werden primär Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung durchgeführt. Zur Förderung von regionalen Produkten im öffentlichen Raum dient der Wochenmarkt und der Bauernmarkt genannt, wo jeweils Bio- und/oder regionale Produkte zu bekommen sind. Schließlich gibt es zur Förderung des Biolandbaus Kontakte mit der Bio-Modellregion Landkreis Neumarkt i.d.OPf. Aktuell arbeitet die Stadtverwaltung daran, das Schulessen an den Neumarkter Schulen sukzessive auf Bio umzustellen.
- Der Klimaschutz ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsaktivitäten. Der Stadtrat hat am 26. Oktober 2011 die Klimaschutzziele im Rahmen des Masterplans 100 % Klimaschutz beschlossen. Demnach soll bis 2050 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 95 % und eine Reduktion des Energiebedarfs um 50 % erreicht werden (Basisjahr 2011).Die Stadt übernimmt im Klimaschutz Vorbildwirkung, so etwa bei der Umstellung des eigenen Fuhrparks auf Elektromobilität, bei der Energieeinsparung in den eigenen Liegenschaften, beim Bau von KWK-Anlagen mit Fernwärme durch die Stadtwerke, bei der Energieautarkie des städtischen Klärwerks oder beim Betrieb eigener PV-Anlagen.
- Es wurde ein Leitbilds für eine Global Nachhaltige Kommune im Rahmen der Agenda 2030 erarbeitet.
- Zeitlicher Rahmen
Seit 2002 bis heute anhaltend.
- Akteure & Steuerung
Im Mai 2012 wurde ein eigenes Amt für Nachhaltigkeitsförderung in der Stadtverwaltung eingerichtet. Im Amt für Nachhaltigkeitsförderung lassen sich grundlegend folgende Arbeitsbereiche und Steuerungsstrukturen unterscheiden:
- Zum einen ist es das Bürgerhaus als Mehrgenerationenhaus mit den zahlreichen Aktivitäten, Akteuren, Veranstaltungen und Angeboten.
- Zum anderen ist es der Bereich der Nachhaltigkeitsförderung im engeren Sinne mit den verschiedenen Projekten und Maßnahmen zu den Schwerpunkten Klimaschutz, Fair Trade sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung.
- Zudem liegt beim Amt für Nachhaltigkeitsförderung die Zuständigkeit der Erstellung und Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie und der Nachhaltigkeitsberichtserstattung.
- Die einzelnen Projekte der Nachhaltigkeitsstrategie verfügen z.T. über eigene Steuerungsstrukturen. Beispielhaft sei Fairtrade Steuerungsgruppe genannt, die die Aktionen und Projekte koordiniert, die teilweise aus dem Preisgeld „Hauptstadt des Fairen Handels“ finanziert werden.
- Innerhalb der Stadtverwaltung wurde ein Arbeitskreis gebildet, der die Stadtwerke, den Bauhof und die unterschiedlichen Ressorts integriert und der den Nachhaltigkeitsprozess in der Verwaltung befördert.
- Fördermittel & Sponsoring
Die Erstellung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Rahmen der Agenda 2030 kann von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) unterstützt und gefördert werden. Die SKEW steht deutschen Kommunen als Kompetenzzentrum in allen Fragen kommunaler Entwicklungspolitik zur Seite. Sie unterstützt Akteure aus Kommunalverwaltungen und Politik in ihrem entwicklungsbezogenen Engagement durch Qualifizierungs-, Informations- und Beratungsangebote, setzt Modellprojekte um und gibt Hilfestellung zur finanziellen und personellen Förderung. Mit dem Ziel kommunale Partnerschaften zu stärken, bietet die SKEW Kommunen aus Deutschland und aus Ländern des Globalen Südens eine Dialogplattform um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam lokale Lösungsansätze zu globalen Fragen zu entwickeln.
Erfahrungen
- Was lief gut? Was sind die Erfolgsfaktoren?
- Nachdem die Agenda 21 Gruppe einen Vertretungsanspruch der Bürgerschaft gegenüber der Politik formuliert hat und die Erarbeitung eines Leitbilds anstrebte, wurde der Prozess stark mit den politischen EntscheidungsträgerInnen verwoben. Bürgerschaftliches Engagement und kommunalpolitische Entscheidungen müssen koordiniert und abgestimmt werden – andernfalls kommt es zu Konflikten.
- Nachhaltigkeit wird als „Kompass“ innerhalb der Verwaltung anerkannt.
- Die Stadt Neumarkt i.d.OPf. hat bereits zahlreiche Preise erhalten, die Anlass geben, den „Weg der Nachhaltigkeit“ konsequent weiter zu gehen. Unter den bedeutendsten Würdigungen für die Stadt Neumarkt i.d.OPf. im Bereich der Nachhaltigkeit sind die viermalige Auszeichnung als Stadt der UNESCO-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, zweimal der 2. Platz beim bundesweiten Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ (2013 und 2017) sowie der Deutsche Nachhaltigkeitspreis als nachhaltigste Stadt mittlerer Größe (2012).
- Was lief weniger gut? Was sind Hindernisse?
- Die Erarbeitung des Stadtleitbilds fußte auf einer breiten Beteiligung. Der Prozess wurde jedoch nicht von allen wichtigen Akteuren getragen.
- Mit der Zeit verlor der Begriff der Nachhaltigkeit an Schärfe. Jetzt hat er wieder an Kontur gewonnen – insbesondere durch die Erarbeitung der Agenda 2030. Mit dieser Konzeption konnten KritikerInnen überzeugt werden.
- Bürgerschaftliches Engagement darf nicht überstrapaziert werden, sonst lässt das Interesse nach. Aus diesem Grund sind geeignete Formate zu geeigneten Zeitpunkten zu entwickeln.
- Nachhaltiges Verwaltungshandeln ist ein „dickes Brett“, das vielfältige Anstrengungen und dauerhafte Bemühungen erfordert.
- Nachhaltigkeit kann nicht rein fachlich betrieben werden, sondern muss als sozialer Prozess verstanden werden.
- Was am Projekt / Vorhaben ist "Next Practice"?
Die Einrichtung eines Amts für Nachhaltigkeitsentwicklung zur Koordination des Prozesses kann als Next Practice dargestellt werden. Es agiert auf Augenhöhe mit den anderen Verwaltungsämtern. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit einem eigenen Indikatorensystem soll voraussichtlich ab 2021 zudem die Messbarkeit von Nachhaltigkeitsbemühungen ermöglichen.
- Übertragbarkeit
Die Prozesse sind prinzipiell auf jede andere Kommune übertragbar – unabhängig ihrer Größe. Kontextspezifische Besonderheiten sind selbstverständlich zu beachten und eine jeweils spezifische Steuerungsstruktur und angepasste Inhalte sind zu erarbeiten.
Kontakt
Ralf Mützel
Amtsleiter
Amt für Nachhaltigkeitsförderung
Stadt Neumarkt i.d.OPf.
Fischergasse 1
92318 Neumarkt i.d.OPf.
Telefon: 09181-255-2600Website: https://buergerhaus-neumarkt.de/nachhaltige-stadt/
Weiterführende Informationen
Die Infothek des Zentrums für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern bietet eine Auswahl an Materialen, Studien und Artikel aus den Themenfeldern der nachhaltigen Kommunalentwicklung.
kommunal-nachhaltig.deDas Nachhaltigkeitsbüro der LUBW unterstützt Kommunen und Initiativen bei der Umsetzung von Aktivitäten für eine umweltverträgliche nachhaltige Entwicklung, die im Sinne der Nachhaltigkeit ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Hier erhalten Sie Zugang zu verschiedenen lesenswerten Arbeitspapieren, wie bspw. dem Nachhaltigkeitsatlas.
www.lubw.baden-wuerttemberg.deDer Abschlussbericht „Rio+20 vor Ort – Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven lokaler Nachhaltigkeitsprozesse in Deutschland“ wurde im Vorfeld der Rio+20-Konferenz von langjährigen Nachhaltigkeitsakteuren angeregt und bietet wichtige Einblicke, Erfahrungen und Lehren aus den Agendaprozessen.
www.izt.de